Meine erste Begegnung mit JCM hatte ich 1985 als junge wissenschaftliche Hilfskraft am Zentrum für Islamwissenschaft und Christlich-Muslimische Beziehungen (CSIC) der Universität in Birmingham. Bereits 1983 hatte ich dort einen Masterstudiengang im Fach Islamwissenschaft begonnen. Das CSIC war Mitinitiator des JCM-Experimentes gewesen und empfahl seinen Studenten die Teilnahme an JCM-Konferenzen als Teil ihrer Ausbildung. Zur der Zeit sprach man von den "Bendorf-Konferenzen", da sie in Bendorf am Rhein abgehalten wurden.
Autoren wie etwa Mbiti und Parrinder haben Afrikaner als "notorisch und unheilbar religiös" bezeichnet. Seit Beginn meines Studiums habe ich versucht, nicht einfach nur diesem Klischee zu entsprechen, sondern auch die Menschen anderen Glaubens zu verstehen, so wie es die heilige Schrift des Islam, der Koran, die Sunna als menschliche Erläuterung des geoffenbarten Textes und pragmatische Vernunft erwarten. Trotz andauernder gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen Menschen unterschiedlichen Glaubens in vielen Teilen Afrikas, insbesondere in Nigeria und Zentralafrika, leben an vielen Orten Menschen verschiedener Glaubenstraditionen in Frieden und Harmonie miteinander. Man findet Familien, nicht nur weitläufig miteinander Verwandte, sondern Kernfamilien, in denen die einzelnen Familienmitglieder unterschiedliche religiöse Überzeugungen haben. Dass das gelingt, darum haben glaubende Menschen zu ringen. JCM trägt zum Gelingen solchen Zusammenlebens bei.
Die JCM-Konferenzen und die Begegnungen mit Freunden, die ich auf meinem Weg gefunden habe, haben meinen persönlichen Glauben vertieft. Unsere Väter sagen: "Willst du dich selbst besser erkennen, betrachte dich in den Augen deines Nächsten wie in einem Spiegel!" Das ist es, was ich auf JCM-Konferenzen erlebt habe. Meiner Geschichte mit JCM verdanke ich es, dass mir die Aufgabe anvertraut wurde, als Direktor das CSIC zu leiten, an dem ich selbst studiert hatte. Ich bekam die Gelegenheit in der ganzen Welt Vorlesungen vor allem über den Islam und interreligiösen Dialog zu halten. Ich durfte in zahlreichen namhaften Organisationen mitarbeiten wie dem Interfaith Network und dem Christlich-Muslimischen Forum, beide in Großbritannien. Die Freunde, die ich dabei gefunden habe, und die Lektionen, die ich durch die Begegnung mit Menschen anderen Glaubens gelernt habe, verdanke ich JCM. Das sind alles unbezahlbare Erfahrungen, die man nicht aus Büchern gewinnen und nicht auf dem Markt kaufen kann.
Oft reagieren Menschen auf interreligiöse Beziehungen mit Skepsis. Sie bezweifeln, dass interreligiöse Begegnungen irgendeinen Nutzen haben. Sie unterstellen, als bewegte sich alles nur auf der Ebene von: "Kratz mich mal am Rücken, dann kratz ich auch dich." JCM ist mehr. Es geschieht dort auch intellektuelle Auseinandersetzung, aber vor allem werden da tief gehende Lernerfahrungen gemacht, die die Teilnehmer jedes Jahr mit nach Hause nehmen. Während meiner Jahre am CSIC habe ich bei einer ganzen Reihe von Studenten erlebt, wie sich ihr Leben durch die Teilnahme an JCM-Konferenzen nachhaltig positiv verändert hat.
Als entscheidenden Punkt möchte ich hervorheben, dass interreligiöse Beziehungen nicht auf reine intellektuelle Übungen reduziert werden dürfen. Sie sollen die existentiellen, konkreten und pragmatischen Fragestellungen des alltäglichen Lebens der Glaubensgemeinschaften einbeziehen. An diesem Punkt halte ich den Beitrag von Muslimen für unverzichtbar. Sollte man sich allerdings doch bewusst auf eine intellektuelle Auseinandersetzung konzentrieren, muss sie als Dialog ebenbürtiger Partner geführt werden. Da dürfen dann nicht studierte Theologen auf der einen Seite stehen und auf der anderen Seite Menschen, die zwar eine starke emotionale Glaubensbindung haben, aber unerfahren in theologischen Diskussionen sind.
JCM hat sich in seiner Gesamtausrichtung und seinen einzelnen Programmen unbeirrbar an diesen Kernideen ausgerichtet. Das ist einer der Gründe, dass JCM jetzt bereits seit ungewöhnlich langen 40 Jahren lebt.
Möge Gott, der Herr, das JCM-Leitungsteam und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Konferenzen weiterhin leiten, dass sie nicht nachlassen, an gegenseitigem Verständnis zu arbeiten und zerstörerisches Misstrauen, Unkenntnis und geistliche Arroganz zu überwinden, die viele Menschen gegenüber Menschen anderen Glaubens haben. Amen.